Uraufführung Sommer 2008, Hoftheater Erlach, Regie Wolfgang Grabow
DS NÄTTE KÄTHI
Nach «Der Widerspenstigen Zähmung» von William Shakespeare
Komödie in fünf Akten
Bearbeitet von Peter Steiger
Zeit und Ort
Unbestimmte Shakespeare-Zeit. Bei Baptista in Hochbach, bei Petruchio in Tiefengrund und unterwegs.
Rollen
Baptista. 40 bis 70. Reicher Herr. Vater von Katharina und
Bianca.
Krämerseele, geizig, Zahlenmensch.
Bianca. 20 bis 40. Tochter von Baptista. Brav, duldsam, sanft.
Katharina. 20 bis 40. Tochter von Baptista. Tough, nervig, laut, witzig.
Lucentio. 20 bis40. Liebhaber von Bianca. Eifrig und impulsiv. Ist zwar auf der Suche nach Wissen, aber begriffstutzig. Tauscht mit seinem Diener Tranio die Kleider und gibt sich als Philosophielehrer aus.
Tranio. 20 bis 40. Diener von Lucentio. Vorlaut, frech. Tauscht mit seinem Herrn die Kleider und gibt sich als Lucentio aus.
Gremio. 40 bis 70. Möchtegern-Liebhaber von Bianca. Reich, alt, laut. Ist hinter Bianca her. Geiler Lüstling. Pantalone.
Hortensio. 20 bis 40. Möchtegern-Liebhaber von Bianca. Schwärmerisch verliebt. Gibt sich als Musiklehrer aus.
Petruchio. 30 bis 50. Bräutigam von Katharina. Eingebildet, überzeugt, arrogant. Macho.
Grumello. 20 bis 40. Diener von Petruchio. Arlecchino. Bei Shakespeare Grumio.
Curzia. 20 bis 40. Dienerin von Petruchio. Schwatzhaft, ungeduldig. Colombina. Bei Shakespeare Curtis.
Vicentia. 40 bis 70. Reiche Erbtante von Lucentio. Bei Shakespeare Vicentio.
Bernardo. 40 bis 70. Reisender Schauspieler. Bei Shakespeare Magister oder Reisender. Verkleidet sich als Vicentia.
Witwe. 30 bis 50. Heiratet Hortensio. Als Doppelrolle möglich.
Weitere Dienerinnen und Diener bei Baptista und Petruchio.
1. AKT
SZENE 1
Hochbach, Strasse. Lucentio und Tranio treten auf.
Lucentio: Tranio, du weisch, i ha planget hie nach Hochbach z’cho, wo d’Manne gschiit u d’Frau schön si, wo d’Truube wachse …
Tranio: …Besser uf jede Fall als z’Niederwil, wo usser bi öirer riche Tante Vincentia nüd z’hole isch.
Lucentio: Psch, Tranio, du häsch als Diener äs z’grosses Mul. I chumme hie nach Hochbach, um z’schtudiere. Hie schprudlet d’Quälle vor Wüsseschaft u Kunscht, i wot trinke vo dem Saft...
Tranio: … dä Wi hie isch sur, Herr, brrr.
Lucentio: Psch.
Tranio. D’Wüsseschaft u d’Kunscht haltet d’Wält i Schwung. Schtudieret Alchemie, Algebra u Aschtrologie, machet, was dir am liebschte machet.
Lucentio: Häsch rächt, Tranio … Oh, was si das für Lüüt?
Tranio: Sicher Bürger vo Hochbach … Chömid Herr, mer wei chli uf d’Site schtah. Wä-mer wüsset was gschpielt wird, hei-mer di bessere Charte ir Hand.
Lucentio und Tranio gehen abseits. Baptista und seine beiden Töchter Katharina und Bianca sowie Gremio und Hortensio treten auf.
Baptista: Nei, nei, nei. Eis u eis git zwöi. I blibe derbi. D’Bianca hie, di Jüngeri, bliibt ledig bis i für di Älteri, d’Katharina, ä Ma gfunge ha.
Bianca: Papa!
Baptista: Signor Gremio, Signor Hortensio, Wänn eine vo-n-öich um d’Katharina werbe wott … bitte.
Gremio: Werbe? Lieber Schterbe! Hortensio, wotsch du si?
Katharina: Papa, du bietisch mi a wie-n-e Wirt s’Bier usschänkt.
Hortensio: Bier cha-mer trinke. Die isch ungnüssbar.
Katharina (zu Gremio): Du wotsch d’Bianca? Du? Du Hanswurscht!
Gremio: Halt, i chumme us guetem Hus, ha Aschtand u Maniere. U Gäld.
Baptista: Nur ruhig, mini Herre. Bianca, vertrou dis Schicksal üs erfahrne Manne a u gang i ds Hus.
Katharina (zu Bianca): Ja, gang, Schnuggeli, Schnusseli, Schätzeli.
Bianca: Mis Eländ isch dini Fröid.
Katharina (streckt Zunge raus): Bah.
Bianca (zu Katharina): Mi Chummer isch dis Glück. Zum Vater: I mach, was du mir seisch, i gang i ds Hus ga lehre, Literatur, Kunscht u Musig. Äs Inschtrumänt, Violine, Harfe, Gitarre.
Hortensio: Signor Baptista, sid bitte nid so schträng. Mit tuets weh, dass mir gschuld si, dass d’Bianca so muess liide.
Gremio: Dir schtrafet di Faltschi. Schicket lieber dä Tüfelsbrate i d’Höll u löhd dä Schmätterling la flüüge … zu mir flüüge, i Himmel.
Baptista: Nüd isch, miner Herre. Bianca!
Bianca geht ab.
Baptista: Das guete Ching söll ha, was es wott. I hole Lehrer i ds Hus, für schribe, singe, male. Schprache söll sie lehre, Griechisch, Schpanisch. Zu Hortensio und Gremio: Wänn ir öppert wüsst, nur zue. Katharina, bliib da, i wott mit dr rede.
Katharina: I ha mini eiget Uhr u weiss, was für Zit isch.
Katharina geht ab.
Baptista: Wart, i muess mit dir rede.
Baptista geht ab.
Gremio: Gang, gang. Gang derthi, wo-d-here-ghörsch, i d’Höll. Zäch, wie Händscheläder isch die, da biss-isch der Zäng us. Gang.
Hortensio: Wie angersch isch d’Bianca.
Gremio: Ä Schtärn am Himmel isch die eint, äs Füür ir Höll die anger. D’Bianca söll übercho, was si sich wünscht.
Hortensio: Mich söll sie übercho. I weiss, was Fraue bruche: Verschtändnis, Gfühl.
Gremio: Nei, ä Ma, ä richtige Ma. Mich. Aber zersch wott-ere ä Lehrer bsorge.
Hortensio: Zwöi, drü Lehrer, ach Bianca.
Gremio: Hortensio, wänn’s um d’Bianca gaht, si-mer zwöi Finde
(kneift und pufft ihn).
Hortensio: Gremio, nei!
Gremio: Doch jetzt lass üs äs Wiil lang Fründe si (umarmt ihn).
Hortensio: Gremio, nei!
Gremio: Mer müesse dä Katharina ä Ma verschaffe.
Hortensio: Ä Ma? Ä Tüfu!
Gremio: Katharina isch ä Plag, aber ihre Vater hät Gäld. Sie hät tuusig Fähler. Aber wänn jede Fähler tuusig Seschterze wärt isch, isch das scho ä Million.
Hortensio: Pah, lieber tuusig Ohrfiige, tuusig Naseschtüber als ei Sekunde mit däre zämesi.
Gremio: Häsch rächt, aber grad drum müesse-mer zämeschtah.
Hortensio: Bianca.
Gremio: I gäb alls, wänn-i si chönt ha. I gäb mi Gutsche, mis Ross, miner schöne Chleider.
Gremio und Hortensio gehen ab, Tranio und Lucentio kommen hervor.
Tranio: Dä eint ä Güggu, dä anger än-Änte. D’Liebi pickt dä Manne dä Verschtang usem Hirni.
Lucentio: Ach Tranio, i ha-si nu än-Ougeblick gseh, aber i bränne, i glüie, i schtirbe. Bianca!
Tranio: Güggu, Änte. U jetz no derzue ä Truthahn.
Lucentio: Ja, schpott nu. Aber hilf-mer, Tranio, hilf-mer. I weiss, du chasch-es, i weiss, du wottsch-es.
Tranio: O je. Mä sött öich zwar i Sänkel schtelle … Hänu. Gäg d’Liebi isch käs Chrut gwachse.
Lucentio: Was söll i mache?
Tranio: Herr, dir heit numm uf d’Bianca gluegt u susch nüd gseh.
Lucentio: Sie schtrahlt, dass alls angere dunkel bliibt.
Tranio: Ja, ja. Aber heid dir dänn nid d’Schwöschter gseh, wo zangget, dass eim d’Ohre platzet?
Lucentio: I ha-n-e Nachtigall ghört jubiliere, i ha-n-en Ängu ghört singe.
Tranio: Tüet d’Ohre putze. Än Ängu. Vor äm Himmu wartet dä Tüfu. Solang d’Katharina kei Ma hät, darf d’Bianca nid hürate. Dä Vater schperrt si i.
Lucentio: Mä sött-ne schtrafe u ihm zwänzg schtatt zwöi Töchtere ghä.
Tranio: Er suecht nach-me Lehrer für d’Bianca.
Lucentio: Lehrer sött-me si … Oh … Du meinsch?
Tranio: Genau. Niemert kännt-n-ech hie. Mä wird öich mit Handkuss als Lehrer näh … Als Lehrer für Philosophie, Kunscht u Wüsseschaft.
Lucentio: I bi scho ungerwägs … Doch, nei, äs cha nid glinge. Mä erwartet mich hie.
Tranio: Schtimmt … doch … wartet … äs git ä Wäg. Ä hätt üs z’Hochbach no niemer gseh u niemer weiss, wer Herr u wer Diener isch. Wänn ihr mini Jacke u ig öiri Hose … wämer d’Chleider tuschet, wird-mer mich für öich u öich für mich halte. Herr oder Diener, s’isch alls ä Frag vor Verpackig.
Lucentio: Diener bliibt Diener! Aber wänn’s nützt.
Die beiden tauschen ihre Kleider.
Tranio: I wird-mi um d’Bianca bemüeh.
Lucentio: Du? Nei, ig. Ach Bianca. Du bisch mir nächer als mis Hömli, nächer als miner Hose.
Tranio: I muess-mi um d’Bianca bemüeh. S’ghört zu mim Plan. U s’isch zu öirem Vorteil.
Lucentio: Wänns nützt … Ach Bianca, wärsch du doch mi Chittel.
Tranio und Lucentio gehen ab.