seniorweb.ch, 7. Februar 2021
Die Pandemie verschafft dem Senioren-Dating Zulauf
Die Corona-Einschränkungen belasten Singles ganz besonders. Kontaktbörsen für Ältere verheissen einen Ausweg aus der Einsamkeit. Es muss ja nicht immer gleich die grosse Liebe
sein.
„Seniorinnen und Senioren fallen nicht gleich mit der Türe ins Haus. Sie sind geduldiger als die jüngeren Kontaktsuchenden. Sie flirten besser, gehobener,“ sagt Daniel Baltzer. Er ist Experte für
Datingbörsen. Im Gespräch mit Seniorweb fasst er seine Erkenntnisse zusammen. Weitere Informationen liefert er auf seinem Portal singleboersen-vergleich.ch.
Seniorweb: Daniel Baltzer (Bild), Sie geben den älteren Singles bessere Noten als dem Durchschnitt. Wie charakterisieren Sie die jüngeren Portalnutzer?
Daniel Baltzer: Diese tendieren eher in die Richtung „Jäger und Sammler“, das heisst sie möchten in kürzester Zeit so viele Kontakte wie möglich. Die meisten Senioren und Seniorinnen wollen
hingegen eine langfristige Partnerschaft.
Wie wirkt sich die Pandemie auf die Nutzerzahlen aus?
Zu Beginn der ersten Welle ging der Mitgliederzuwachs etwas zurück. Dann setzte ein Boom ein. Je nach Anbieter registrierten diese 10 bis 75 Prozent mehr Kundinnen und Kunden als zur gleichen
Zeit im Vorjahr. Die zweite Welle wird sich vermutlich ähnlich auswirken. Das gilt sowohl für Senioren-Portale wie auch für altersneutrale Angebote.
Wie erklären Sie diesen Zulauf?
Vor allem das eingeschränkte soziale Leben macht Singles zu schaffen. Die Sehnsucht nach einem Gefährten steigt. Ausserdem leiden jetzt im Winter viele noch mehr unter der Einsamkeit und dem
Alleinsein.
Wie haben die Portale auf den Zuwachs reagiert?
Vor allem ältere Singles schätzen das neu eingeführte so genannte Slow-Dating mit Video-Chat. Dies ermöglicht, dass sich die Beteiligten erstmals in Ruhe kennenlernen können, bevor sie ein reales
Treffen vereinbaren.
Männer, Frauen, Ältere, Jüngere: Welche Kundschaft ist wie vertreten?
Bei den Seniorenportalen überwiegen die Frauen, je nach Anbieter stellen sie zwischen knapp 50 und 55 Prozent der Kontaktsuchenden. Viele Frauen über 50 nutzen diese Angebote, weil sie hier
weniger Konkurrenz von Jüngeren zu fürchten haben. Diese ist bei herkömmlichen Single-Börsen recht gross. Die Männer sind meist älter. Erst ab 60 benutzen sie Senioren-Portale. Vorher suchen sie
auf den herkömmlichen Dating-Angeboten nach jüngeren Frauen.
Und wie unterscheiden sich die erwähnten Gruppen bei ihrer Darstellung auf den Portalen?
Seniorinnen und Senioren sind etwas unbeholfener als Jüngere bei der Auswahl ihrer Profilbilder. Sie nehmen sich aber deutlich mehr Zeit, ihre Profile auszufüllen. Damit erleichtern sie die
Kontaktaufnahme. Generell können sich Frauen besser darstellen, sei es bei den Fotos oder beim Text.
Welches sind die häufigsten Fehler der Älteren?
Männer tun sich oft schwer mit der eigenen Darstellung. Unvorteilhafte Selfies sind keine Seltenheit. Frauen erwarten meist zuviel von den potenziellen Partnern. Häufig erwarten sie, dass Männer
auch im Internet den ersten Schritt machen. Doch solche Regeln sind bei Online-Dating nicht anwendbar. Im Netz ist auch bei den Frauen Initiative erwünscht. Zu recht oder zu unrecht gilt offline
beim konventionellen Flirten immer noch die klassische Rollenverteilung: Mann spricht Frau an.
Seniorenportale werden immer beliebter. Ihre Erklärung?
Das liegt unter anderem daran, dass die ersten Online-Dater unterdessen Seniorinnen und Senioren geworden sind und nun nach einer zweiten grossen Liebe suchen. Je versierter Ältere mit der
Digitalisierung umgehen, desto interessanter wird das Senioren-Dating.