Kunstwerkstatt Waldau, Bolligenstrasse 123, 3001 Bern, l 0041 31 930 99 32 l www.kunstwerkstattwaldau.ch
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Januar 2024, Werkstattbrief Nr. 1

Liebe Leserin, lieber Leser


Die Kunstwerkstatt Waldau informiert neu in unregelmässigen Abständen mit einem Werkstattbrief (Newsletter). Hier der erste über die Ausstellung "Best of" im Berner Progr. Anlass war das 20-jährige Bestehen der Werkstatt.
 
Inhalt:
 
l Zwei Künstlerinnen der Werkstatt haben die Ausstellung selbst kuratiert und organisiert. Alle Teilnehmenden profitieren von besseren Bedingungen als sonst in Galerien üblich..
 
l Die Infos zur Ausstellung und die neue Ausrichtung des Kulturlokals Progr.
 
l Die Schülerinnen und Schüler, die hier früher lernten, ärgerten sich über Gomere. Wir lösen das Sprachrätsel. Zuletzt:die Kunstwerkstatt Waldau.
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Kunst ausserhalb der Schubladen
 
Noch bis am 26. Januar 2024 stellen Kunstschaffende aus der Kunstwerkstatt Waldau im Kulturpunkt im Berner Progr aus. Wie soll man ihre Werke bezeichnen? Art brut? Outside Art? Am besten einfach als Kunst ohne Grenzen.
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Sonia Straub mit zwei
ihrer Werke
 
Sonia Straub strichelt. Mit schwarzer Tusche und der Schreibfeder setzt sie tausende mal feine, mal dickere Linien aufs Papier. Und Sonia Straub hütet. Sie arbeitet an ihrem Werk und beaufsichtigt gleichzeitig die Ausstellung "Best of" im Kulturpunkt im Berner Progr. Sie zeigt hier mit fünfzehn Kunstschaffenden aus der Kunstwerkstatt Waldau und mit Raphael Reift ihre Arbeiten. "Nein", sagt Sonia Straub, "dieses minutiöse Zeichnen strapaziert nicht meine Geduld. Im Gegenteil. Es hat was Meditatives."
Sonia Straub hat mit Rebecca Schmid und Claude Haltmeyer, dem Betreiber von Kulturpunkt, die Ausstellung kuratiert. Auch Schmid gehört zum Kunstwerkstatt-Team. Anlass zur Ausstellung  ist das 20-jährige Bestehen der Kunstwerkstatt. "Best of" heisst die Ausstellung. Superlative sind ein  Versprechen. Einlösen wollen es Emma Baya, Jann Briner, Regina Eichenberger, Martin Flückiger, Elmar Hempel, Adrian Lanz, Caroline Mas, Tom Mosimann, Anita Nydegger, Raphael Reift, Heinz Ruch, Flo, Rebecca Schmid, Dorota Solarska, Sonia Straub, WomB.
 
Rebecca Schmid mit "Beauty and the Beast".
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Die Kunstschaffenden organisieren sich selber
 
In den konventionellen Galerien liefert der Künstler die Werke ab, die Galeristin wählt aus und beide bestimmen zusammen die Preise. Die Galerie besorgt alles weitere. Bei der aktuellen Ausstellung im Kulturpunkt funktioniert dies anders. Die Kunstschaffenden, vertreten durch Rebecca Schmid und Sonja Straub, übernehmen mehr Verantwortung und organisieren zum Bespiel den Hütedienst. Jeden Nachmittag von Donnerstag bis Samstag ist ein Künstler, eine Künstlerin anwesend.
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Vor der Vernissage am 15. Dezember 2023.
An der Vernissage im Kulturpunkt im Progr.
 
 
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Mehr Geld für die Ausstellenden
 
"Best of" ist eine Verkaufsausstellung. Die Preise liegen zwischen 250 und 1800 Franken. Herkömmliche Galerien hocken aufs Maul, wenns um ihre Beteiligung am Verkaufserlös geht. Immerhin gilt als gesichert, dass zwischen 50 und 60 Prozent in der Galerie bleiben. Kulturpunkt  und die Kunstschaffenden sind transparenter. 10 Prozent vom Werkerlös gehen an die Kunstwerkstatt Waldau. Wer dort an einem Förderprogramm teilnimmt, muss zusätzlich weitere 5 Prozent abtreten. Der Kulturpunkt erhält 30 Prozent und bezahlt damit unter anderem die Agendaeinträge in den Medien und den Flyer. Die Kunstschaffenden erhalten hier also mehr.
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Offen: Bis 26. Januar 2024. Donnerstag und Freitag, 14 bis 18 Uhr; Samstag 14 bis 17 Uhr. Eintritt frei. Galerienwochenende 13. und 14 Januar, 11 bis 17 Uhr. Finissage 26. Januar 16 bis 19 Uhr, 18 Uhr Lesung mit Dorota Solarska, Raphael Reift und Rolf Schulz (Performner), Kollekte. Kulturpunkt im Progr, Speichergasse 4, 3000 Bern.
 
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Das Progr war ein Schulhaus. Heute sind hier Ateliers, Veranstaltungslokale und Gastgewerbe.
Der Hof ist vor allem iin den warmen Monaten ein beliebter Treffpunkt.
 
 
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Weniger Halligalli als bisher, dafür mehr Kultur
 
Der Progr will künftig weniger als Teil der Berner Ausgehszene wahrgenommen werden und möchte vermehrt als Kulturlokal in Erscheinung treten.  

Das 1885 erstellte Gebäude wurde erst als Gymnasium genutzt. 1926 zog die Schule in einen neuen Bau im Kirchenfeldquartier. Das Haus in der Berner Innenstadt diente nun als Primarschule und Untergymnasium (Progymnasium, "Progr"), Später kamen weitere, auch Berufsschulen dazu.  Nach dieser schulischen Nutzung entstand ab 2004 ein vorerst provisorisches Atelier-, Kultur- und Veranstaltungshaus. Seit 2009 gehört das Progr definitiv zum Berner Kulturbetrieb. In den letzten Jahren hat sich das Prog immer mehr zu einem Ausgehort verändert. Die Stiftung Progr, die das Künstlerhaus verwaltet, will sich nun mit einem neuen Konzept mehr auf kulturelle Angebote ausrichten.

Der Progr liegt nahe bei Berns Ausgehmeile, der umstrittenen Aarbergergasse, und nahe bei der vieldiskutierten Reitschule: Um es zurückhaltend zu formulieren: Das verwirrt manche, die mit der Kulturszene wenig und mit der Partyszene gar nichts am Hut haben. Das Progr ist zum Teil selbst schuld an dieser Zuordnung. Der Ort ist gegen aussen zu einem Teil des nächtlichen Ausgehbetriebs geworden. Die Stiftung Progr will denn auch korrigieren und das Kulturangebot stärker in den Vordergrund rücken.

Abendbesuch der Kulturwerkstatt im Progr. Wir lassen einen Bekannten vorangehen und nennen ihn Ändu. Mit Kultur hat er nicht viel am Hut. Ändu ist 40 und damit im reiferen Ausgehalter. "Ich gehe gerne ins Progr", sagt er. Verglichen mit der Aarbergasse sei es ruhig. "Gute Leute, keine Gewalt." Der bedeutend ältere Verfasser dieses Werkstattbriefs bestätigt Ändus Einschätzung. Der Geräuschpegel ist mitunter hoch, die Ambiance trotzdem zurückhaltend, die Konsumationspreise ebenfalls.
 
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Im Progr gabs einst Gomere, Physere, Gogere
 
Dialekt in die Bundesstadt holen, ist wie Bären nach Bern bringen. Aber vielleicht hats ja unter der Werkstattbrief-Leserschaft, Leute, die sich nicht mehr so genau an ihre Schuljahre erinnern.

Seit bald zwanzig arbeiten Kunstschaffende im Progr, dem ehemaligen Progymnasium. Bis in die Sechzigerjahre lernten hier elf- bis zwölfjährige Schülerinnen und Schüler. Viele waren stramme Bernerinnen und Berner. Mit dem entsprechenden Mundwerk.

Wir gehen auf Zeitreise in die Sechziger und treffen vor dem Progr-Haupteingang auf zwei Modis und zwei Giele. Einer ist Hene (Heinz). Heute morgen hat er Gogere (Geographie). Vanä (Vanessa) blickt mürrisch. Handsche (Handarbeiten) steht auf ihrem Stundenplan. Sebe (Sebastian) hats gäbig. Er hat eine Zwischenstunde und steuert die Biblere an (Bibliothek). So ein Streber. Fräne (Franziska) ist gut gelaunt. Sie hat alle Ufere (Haus-Aufgaben) gemacht und der Vormittag macht ihr keine Sorgen. Gomere-Leischt (Geographie-Lehrer)  Abächerli ist eine Gmüetsmore. Nachher allerdings wirds struber: Physere (Physik).

* OmG, oh my God, Jugendsprache, wird angewendet für - alles.
 
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Die alte Scheune wird von den Künstlerinnen und Künstlern der Werkstatt als gemeinsames Atelier benutzt.
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Auf dem Waldau-Gelände, aber unabhängig
 
Der Verein Kunstwerkstatt besteht aus über 40 Kunstschaffenden und über 185 Mitgliedern. Die Kunstwerkstatt ist jede Woche an mehreren Halbtagen geöffnet; Kunstschaffende verbringen jährlich etwa 5000 Stunden hier. Die Kunstschaffenden vereint, dass sie Psychiatrieerfahrung  haben. Der Verein stellt sämtliche Materialien unentgeltlich zur Verfügung. Freiwillige betreuen das Atelier. Es liegt auf dem Gelände der Universitären Psychiatrischen Dienste Waldau (UPD). Der Verein ist aber unabhängig von der UPD.
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Konzept und Text: Peter Steiger. Fotos: Ruedi Franz, Martin Bichsel, Peter Steiger.
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Kunstwerkstatt Waldau, Bolligenstrasse 123, 3001 Bern, l 0041 31 930 99 32 l www.kunstwerkstattwaldau.ch
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Januar 2024, Werkstattbrief Nr. 1

Liebe Leserin, lieber Leser


Die Kunstwerkstatt Waldau informiert neu in unregelmässigen Abständen mit einem Werkstattbrief (Newsletter). Hier der erste über die Ausstellung "Best of" im Berner Progr. Anlass war das 20-jährige Bestehen der Werkstatt.
 
Inhalt:
 
l Zwei Künstlerinnen der Werkstatt haben die Ausstellung selbst kuratiert und organisiert. Alle Teilnehmenden profitieren von besseren Bedingungen als sonst in Galerien üblich..
 
l Die Infos zur Ausstellung und die neue Ausrichtung des Kulturlokals Progr.
 
l Die Schülerinnen und Schüler, die hier früher lernten, ärgerten sich über Gomere. Wir lösen das Sprachrätsel. Zuletzt:die Kunstwerkstatt Waldau.
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Kunst ausserhalb der Schubladen
 
Noch bis am 26. Januar 2024 stellen Kunstschaffende aus der Kunstwerkstatt Waldau im Kulturpunkt im Berner Progr aus. Wie soll man ihre Werke bezeichnen? Art brut? Outside Art? Am besten einfach als Kunst ohne Grenzen.
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Sonia Straub mit zwei
ihrer Werke
 
Sonia Straub strichelt. Mit schwarzer Tusche und der Schreibfeder setzt sie tausende mal feine, mal dickere Linien aufs Papier. Und Sonia Straub hütet. Sie arbeitet an ihrem Werk und beaufsichtigt gleichzeitig die Ausstellung "Best of" im Kulturpunkt im Berner Progr. Sie zeigt hier mit fünfzehn Kunstschaffenden aus der Kunstwerkstatt Waldau und mit Raphael Reift ihre Arbeiten. "Nein", sagt Sonia Straub, "dieses minutiöse Zeichnen strapaziert nicht meine Geduld. Im Gegenteil. Es hat was Meditatives."
Sonia Straub hat mit Rebecca Schmid und Claude Haltmeyer, dem Betreiber von Kulturpunkt, die Ausstellung kuratiert. Auch Schmid gehört zum Kunstwerkstatt-Team. Anlass zur Ausstellung  ist das 20-jährige Bestehen der Kunstwerkstatt. "Best of" heisst die Ausstellung. Superlative sind ein  Versprechen. Einlösen wollen es Emma Baya, Jann Briner, Regina Eichenberger, Martin Flückiger, Elmar Hempel, Adrian Lanz, Caroline Mas, Tom Mosimann, Anita Nydegger, Raphael Reift, Heinz Ruch, Flo, Rebecca Schmid, Dorota Solarska, Sonia Straub, WomB.
 
Rebecca Schmid mit "Beauty and the Beast".
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Die Kunstschaffenden organisieren sich selber
 
In den konventionellen Galerien liefert der Künstler die Werke ab, die Galeristin wählt aus und beide bestimmen zusammen die Preise. Die Galerie besorgt alles weitere. Bei der aktuellen Ausstellung im Kulturpunkt funktioniert dies anders. Die Kunstschaffenden, vertreten durch Rebecca Schmid und Sonja Straub, übernehmen mehr Verantwortung und organisieren zum Bespiel den Hütedienst. Jeden Nachmittag von Donnerstag bis Samstag ist ein Künstler, eine Künstlerin anwesend.
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Vor der Vernissage am 15. Dezember 2023.
An der Vernissage im Kulturpunkt im Progr.
 
 
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Mehr Geld für die Ausstellenden
 
"Best of" ist eine Verkaufsausstellung. Die Preise liegen zwischen 250 und 1800 Franken. Herkömmliche Galerien hocken aufs Maul, wenns um ihre Beteiligung am Verkaufserlös geht. Immerhin gilt als gesichert, dass zwischen 50 und 60 Prozent in der Galerie bleiben. Kulturpunkt  und die Kunstschaffenden sind transparenter. 10 Prozent vom Werkerlös gehen an die Kunstwerkstatt Waldau. Wer dort an einem Förderprogramm teilnimmt, muss zusätzlich weitere 5 Prozent abtreten. Der Kulturpunkt erhält 30 Prozent und bezahlt damit unter anderem die Agendaeinträge in den Medien und den Flyer. Die Kunstschaffenden erhalten hier also mehr.
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Offen: Bis 26. Januar 2024. Donnerstag und Freitag, 14 bis 18 Uhr; Samstag 14 bis 17 Uhr. Eintritt frei. Galerienwochenende 13. und 14 Januar, 11 bis 17 Uhr. Finissage 26. Januar 16 bis 19 Uhr, 18 Uhr Lesung mit Dorota Solarska, Raphael Reift und Rolf Schulz (Performner), Kollekte. Kulturpunkt im Progr, Speichergasse 4, 3000 Bern.
 
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Das Progr war ein Schulhaus. Heute sind hier Ateliers, Veranstaltungslokale und Gastgewerbe.
Der Hof ist vor allem iin den warmen Monaten ein beliebter Treffpunkt.
 
 
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Weniger Halligalli als bisher, dafür mehr Kultur
 
Der Progr will künftig weniger als Teil der Berner Ausgehszene wahrgenommen werden und möchte vermehrt als Kulturlokal in Erscheinung treten.  

Das 1885 erstellte Gebäude wurde erst als Gymnasium genutzt. 1926 zog die Schule in einen neuen Bau im Kirchenfeldquartier. Das Haus in der Berner Innenstadt diente nun als Primarschule und Untergymnasium (Progymnasium, "Progr"), Später kamen weitere, auch Berufsschulen dazu.  Nach dieser schulischen Nutzung entstand ab 2004 ein vorerst provisorisches Atelier-, Kultur- und Veranstaltungshaus. Seit 2009 gehört das Progr definitiv zum Berner Kulturbetrieb. In den letzten Jahren hat sich das Prog immer mehr zu einem Ausgehort verändert. Die Stiftung Progr, die das Künstlerhaus verwaltet, will sich nun mit einem neuen Konzept mehr auf kulturelle Angebote ausrichten.

Der Progr liegt nahe bei Berns Ausgehmeile, der umstrittenen Aarbergergasse, und nahe bei der vieldiskutierten Reitschule: Um es zurückhaltend zu formulieren: Das verwirrt manche, die mit der Kulturszene wenig und mit der Partyszene gar nichts am Hut haben. Das Progr ist zum Teil selbst schuld an dieser Zuordnung. Der Ort ist gegen aussen zu einem Teil des nächtlichen Ausgehbetriebs geworden. Die Stiftung Progr will denn auch korrigieren und das Kulturangebot stärker in den Vordergrund rücken.

Abendbesuch der Kulturwerkstatt im Progr. Wir lassen einen Bekannten vorangehen und nennen ihn Ändu. Mit Kultur hat er nicht viel am Hut. Ändu ist 40 und damit im reiferen Ausgehalter. "Ich gehe gerne ins Progr", sagt er. Verglichen mit der Aarbergasse sei es ruhig. "Gute Leute, keine Gewalt." Der bedeutend ältere Verfasser dieses Werkstattbriefs bestätigt Ändus Einschätzung. Der Geräuschpegel ist mitunter hoch, die Ambiance trotzdem zurückhaltend, die Konsumationspreise ebenfalls.
 
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Im Progr gabs einst Gomere, Physere, Gogere
 
Dialekt in die Bundesstadt holen, ist wie Bären nach Bern bringen. Aber vielleicht hats ja unter der Werkstattbrief-Leserschaft, Leute, die sich nicht mehr so genau an ihre Schuljahre erinnern.

Seit bald zwanzig arbeiten Kunstschaffende im Progr, dem ehemaligen Progymnasium. Bis in die Sechzigerjahre lernten hier elf- bis zwölfjährige Schülerinnen und Schüler. Viele waren stramme Bernerinnen und Berner. Mit dem entsprechenden Mundwerk.

Wir gehen auf Zeitreise in die Sechziger und treffen vor dem Progr-Haupteingang auf zwei Modis und zwei Giele. Einer ist Hene (Heinz). Heute morgen hat er Gogere (Geographie). Vanä (Vanessa) blickt mürrisch. Handsche (Handarbeiten) steht auf ihrem Stundenplan. Sebe (Sebastian) hats gäbig. Er hat eine Zwischenstunde und steuert die Biblere an (Bibliothek). So ein Streber. Fräne (Franziska) ist gut gelaunt. Sie hat alle Ufere (Haus-Aufgaben) gemacht und der Vormittag macht ihr keine Sorgen. Gomere-Leischt (Geographie-Lehrer)  Abächerli ist eine Gmüetsmore. Nachher allerdings wirds struber: Physere (Physik).

* OmG, oh my God, Jugendsprache, wird angewendet für - alles.
 
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Die alte Scheune wird von den Künstlerinnen und Künstlern der Werkstatt als gemeinsames Atelier benutzt.
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Auf dem Waldau-Gelände, aber unabhängig
 
Der Verein Kunstwerkstatt besteht aus über 40 Kunstschaffenden und über 185 Mitgliedern. Die Kunstwerkstatt ist jede Woche an mehreren Halbtagen geöffnet; Kunstschaffende verbringen jährlich etwa 5000 Stunden hier. Die Kunstschaffenden vereint, dass sie Psychiatrieerfahrung  haben. Der Verein stellt sämtliche Materialien unentgeltlich zur Verfügung. Freiwillige betreuen das Atelier. Es liegt auf dem Gelände der Universitären Psychiatrischen Dienste Waldau (UPD). Der Verein ist aber unabhängig von der UPD.
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Konzept und Text: Peter Steiger. Fotos: Ruedi Franz, Martin Bichsel, Peter Steiger.
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