Berner Zeitung, 25.02.2013
Altersresidenzen sind teuer und leer
In der Seniorenresidenz Mitteldorfpark in Ostermundigen herrscht dicke Luft. Wie diese Zeitung berichtete, leidet die zur Tertianum-Gruppe gehörende Wohnanlage unter Personalproblemen. Der
Direktor und der Leiter der technischen Dienste gingen oder mussten gehen. Überdies ist die Residenz schlecht ausgelastet: Laut der Tertianum-Leitung steht fast ein Viertel der 81 Wohnungen leer.
Nun sollen «Umstrukturierungen» weitere Bewohner anziehen.
Günstigere Preise würden mehr nützen. Altersresidenzen, nicht nur in Ostermundigen, sind teuer. Ich habe den Durchschnitt der Mieten von drei Anlagen mit leeren Wohnungen ermittelt und neben dem Mitteldorfpark auch Chly Wabere in Wabern und den Bärenmattenpark in Münsingen berücksichtigt. Es sind Anlagen, die den Bewohnern zwar einen guten Standard bieten , aber noch keinen eigentlichen Luxus.
Im Schnitt kostet eine Drei- bis Dreieinhalbzimmerwohnung 4750 Franken. Zwei bis zweieinhalb Zimmer sind für 3800 Franken zu haben. Und für ein Einzimmerappartement sind 2650 Franken fällig.
Nicht eingeschlossen ist die Verpflegung, teilweise gehört die Reinigung dazu, inbegriffen sind die üblichen Nebenkosten.
Das ist viel Geld, sehr viel Geld. Dies sagt auch jemand, der sich auskennt: Marcel Schenk. «Selbst für gutgestellte Rentner aus dem Mittelstand sind solche Mieten unerschwinglich», sagt der
Geschäftsleiter der Pro Senectute Kanton Bern. Zahlen über teure Residenzen sind nicht erhältlich. Doch wagt Schenk eine Einschätzung: In diesem Hochpreisbereich seien viele Anlagen seit Jahren
schlecht ausgelastet. Und: «Manche Investoren glauben, dass sie im boomenden Seniorenmarkt absahnen können.»
Neben den stolzen Mieten fällt noch manch anderes an. Die Anlagen werben zwar mit ihrem Rundumangebot: Spitex, Gastronomie, Wäscheservice. Doch kommt alles als Extras auf die Rechnung. Und alles kann auch von einer Normalwohnung aus angefordert werden. Schenks Fazit: «Weil die gleichen Dienstleistungen in der bisherigen billigeren Wohnung zu haben sind, bleiben die Senioren möglichst lange in der vertrauten und erst noch günstigen Umgebung. Wenn es dann wirklich nicht mehr geht, überspringen sie die Alterswohnung und gehen direkt ins Alters- und Pflegeheim.»
Teuer wohnen im Alter: Ich habe eine solche Seniorenresidenz angeschaut. Die Chromstahlküche imponierte, der Parkettboden glänzte, die Terrasse beeindruckte. Und ruhig war es. Entsetzlich
ruhig.