Berner Zeitung, 27.1.2014
Bitte eine Rassismusklage, bitte, bitte!
Um Sex im Alter ging es bei der letzten Kolumne. Anschliessend erhielt ich von einigen Leserinnen wichtige Ergänzungen.
Der Sex-Corner. Frau M. aus L. etwa verriet in einem Mail Bruchstücke eines abgehörten Bettgeflüsters. «Ich habs im Rücken», sagt die Seniorin zum Mann. «Gut zu wissen», entgegnet dieser, «denn
sonst …» Halt, stopp! Was folgt ist nicht publizierbar, überhaupt nicht. Neben Frau M. erweiterten noch drei andere Zuschriften das Thema. Alle von Frauen, alle deftig, sehr deftig.
Zusammengefasst: Sex im Alter ist nicht jugendfrei.
Die Feinschmeckerecke. Eigentlich ist die Ecke eher eine Klagemauer. Zu betrauern sind längst verblasste Glanzlichter der heimischen Kochkunst. Das «Vogelheu» etwa, aus altem Brot, Eiern, Milch
und Zucker, ist auf Nimmerwiedersehen von den Tellern verschwunden. Die Fotzelschnitten desgleichen. Man tränkt Brot in Ei, brät die Schnitten an und bestreut sie mit Zimt und Zucker. Vergessen
ist der Chriesiprägel, bei dem man entsteinte Kirschen mit Mehl, Butter, Zucker und Zimt kocht. Zu beklagen ist auch der Verlust von «Himmel und Hölle». Das allumfassende Gericht macht man aus
Äpfeln, Härdöpfustock, Zwiebeln und Blutwurst.
Der Süditalienertrick. Seniorensex und Nostalgie aus der Pfanne: Was haben die beiden Themen miteinander zu tun? Nichts. Ausser dass sie bei den Lesern gut ankommen. Bettgeschichten verkaufen
sich ausgezeichnet. Kochserien laufen prima. Wir Kolumnisten stehen unter Druck. Es gibt zu viele. Jeder will und muss beachtet werden. Um in der Kolumnistenschwemme nicht unterzugehen, nun noch
der zurzeit aktuelle Quotenknüller: Treffen sich zwei alte Süditaliener. Fragt der eine: «Wieso bist du so klein geblieben?» Erklärt der andere: «Weil mir meine Mutter gesagt hast, dass ich sonst
arbeiten müsse.» Und: Treffen sich zwei alte Juden. Fragt der eine: «Warum lachst du?» Entgegnet der andere: «Weil ich ans Geld denke.» Nicht lustig? Stimmt. Aber vielleicht liests ja ein
gerechtigkeitsliebender Jurist oder ein feinfühlender Kulturschaffender. Und klagt mich an. Bitte, bitte!