Berner Zeitung, 30.6.2014
Früher war alles besser
Das ist eine garantiert WM-freie Kolumne. Wobei offenbleibt, ob eine Kolumne, die sich als WM-frei bezeichnet, nicht schon bereits eine WM-Kolumne ist. Aber versprochen ist versprochen. Bloss
noch ein Dutzend Wörter und dann ist dieser Text gänzlich WM-frei. Diese bescheuerte Fussball-W … Es geht darum, dass früher alles besser war.
Früher hatten die Autos Namen. Sie hiessen Nepomuk, Anna oder Zwärgli. Oder, tatsächlich, Schnuferli. Das pinselten wir auf den Kofferraum oder die Stossstange. Heute gibt es keine getauften
Autos mehr. Warum eigentlich nicht? Damit konnte man zeigen, wie toll unkonventionell man war. Unseres hiess nämlich … Nein, die Gnade des willentlichen Vergessens verhindert diese Peinlichkeit.
Früher gabs vernünftige Telefonansagen. Wenn man der Firma Müller anrief, hiess das «Müller, guten Tag». Und heute: «Swiss Features und International Solutions Helpline. Grüezi. Mein Name ist
Ludmilla Varancovic. Danke, dass Sie so lange gewartet haben. Was kann ich für Sie tun?» Für mich tun? Kurz fassen.
Früher waren die Berge flacher. Die Treppen hatten weniger Stufen. Das Licht war heller. Die Buchstaben waren grösser. Das Velo lief schneller, und der Sattel war weicher. Die Einkaufstaschen
waren leichter. Die vierstündige Wanderung war kürzer und der Rucksack bequemer.
Früher kam der Polizist noch nach Hause. In Uniform. Weil ich als zehnjähriger Bub mit dem Velo ein Stoppsignal überfahren hatte. Dieser Hausservice machte meinen Eltern und mir mächtig Eindruck. Sodass ich lange Zeit kein Stoppsignal mehr überfuhr. Jetzt schon. Die Polizei macht deswegen ja auch schon längst keine Hausbesuche mehr.
Früher starb man früher. Ist das wirklich besser? Ja, für die AHV.