Berner Zeitung, 11.1.2016
Warum sparen, wenns teuer auch geht?
Wer lange genug auf einer Zeitungsredaktion arbeitet, kommt auch zu Begegnungen, die journalistisch nicht zu verwerten sind – und die zugegeben auch gar nicht stattgefunden haben. Immerhin: Die Situation ist typähnlich.
Frau Regierungsrätin Jelena Barbera, wir stehen vor einem neuen kantonalen Verwaltungsgebäude. Der Bau hat 141 Millionen gekostet. Wieso war dieses Projekt so teuer?
Jelena Barbera: Unsere Beschäftigten sind hochmotiviert, hochkonzentriert und hochkompetent. Sie brauchen für ihre hochkomplexen Aufgaben hochmotivierende Räume.
In den WC-Anlagen fallen die goldenen Wasserhähne auf.
Wir setzen auf Nachhaltigkeit. Nur dieses Material verbindet Langlebigkeit mit Wertsteigerung. Ausserdem: Unsere Beschäftigten sind hochmotiviert, hochkonzentriert....
... schon, aber diese Fussböden aus handgeschnitztem Parkett.
Wir setzen auf heimisches Schaffen. Der letzte Bergbauer aus dem hinteren Gadmental hat die Gebirgsfichten in seiner Hostet gepflegt, das Holz eigenhändig gehobelt und mit naturbelassenem Wachs von namentlich bekannten Bienen imprägniert. Überdies sind unsere Mitarbeiter hochkonzentriert und benötigen....
... statt Parkplätzen für die Beschäftigten hat der Kanton ein Biotop gebaut.
Wir setzen auf grüne Werte. Hier leben die vom Aussterben bedrohten Sumpfschwalben und die gefährdeten Bergsalamander. In der Allee wachsen Pro-Specie-Rara-Apfelbäume, zum Beispiel der Hochstamm-Edelchrüsler. Unsere hochkomplexen Mitarbeiter...
.... beklagen sich, dass die Räume im Winter zu kalt und im Sommer zu heiss seien.
Wir setzen auf Ökologie. Das Gebäude ist mit gekardeter Fettwolle und reclyclierten Joghurtbechern isoliert. Wir heizen mit selbstgezapftem Biogas. Die handgenieteten Sonnenkollektoren produzieren so viel Strom, dass Mühleberg drei Sekunden früher abgeschaltet werden kann.
Aber 141 Millionen, wo der Kanton doch sparen sollte.
Ein solcher Bau ist ein Standortvorteil, sichert dem Kanton Wohlstand und Wachstum und rechnet sich von selbst. Und wenn nicht, bezahlen die Zürcher Steuerpflichtigen die Kosten mit Freude über den Finanzausgleich.