Berner Zeitung; 22.8.2016
Das Schwabbelding da oben liefert zu oft das Falsche
So fresh, so bio», damit wirbt zurzeit Aldi. Hoffentlich merke ich mir das nicht, dachte ich, als ich das zum ersten Mal las. Denn auf der Skala der sackdummen deutschen Texte rangiert dieser
ganz weit oben. Aber ob ich nun will oder nicht, der Spruch bleibt in meinem Gehirn so fresh wie beim ersten Mal. Dort bleibt er so unwiderruflich hängen, wie die Einleitung im Handbuch meines
Autos: «Die Bedienungsanleitung gilt nur für dieses Fahrzeug.»
Diese schwabblige Masse da oben, das Gehirn, macht seine Büez ja schon sehr seltsam. Speichert, was niemand wissen will, vergisst, womit man punkten könnte. «Jede Erkenntnis ist
ein Identifizieren des Nichtgleichen.» Das ist von Friedrich Nietzsche und unverständlich. Aber wenn mir so etwas einfiele – wie leicht fände ich damit an der Party Bewunderung und Verehrerinnen.
Was kommt mir stattdessen in den Sinn: «Die Bedienungsanleitung gilt nur für dieses Fahrzeug.» Ach herrje.
Ich habe schon noch mehr auf Lager. «Intensive Anti-Age-Creme für kraftvolle Ausstrahlung und straffe Männerhaut.» Das steht auf meinem Salbendösli, ist unlöschbar in die
Gehirnwindungen eingraviert. Und ist definitiv nicht der Aufmischer in froher Runde. «Höflichkeit ist die Blüte der Menschlichkeit.» Das wärs – stammt von Joseph Joubert. Doch meine grauen Zellen
vermelden bloss die intensive Anti-Age-Creme. Von wegen kraftvolle Ausstrahlung.
Das Oberstübchen ist ja eigentlich gut gefüllt. Bloss nimmt der unbrauchbare Schrott viel zu viel Platz weg. Das gilt auch für mein nicht wirklich berauschendes Englisch. Tief
ins Bewusstsein hat sich «pumpkin carriage» eingegraben, Kürbiskutsche. Wo, um Himmels Willen, kann man das schon brauchen? Statt Gefälliges für eine elegante Diskussion über die Segnungen des
britischen Linksverkehrs liefert mir das Obergeschoss bloss «pumpkin carriage».
Ich ahne, dass mir dereinst auch in der letzten Stunde nicht Gescheites einfällt. «Mehr Licht.» So hat sich Goethe verabschiedet. Dandy-Dichter Oscar Wilde sagte «Ich sterbe, wie
ich gelebt habe – über meine Verhältnisse.» Damit macht man gute Figur, so etwas gibt auch auf dem Grabstein was her. Auch mir würde was Sinnfälliges gut anstehen. «Bewahret mir den
Printjournalismus» zum Beispiel. Stattdessen werde ich wohl «so fresh, so bio» hauchen. In Stein gemeisselt: «So bio» geht knapp, «so fresh» ist bloss noch peinlich.