Berner Zeitung, 13. Juli 2017

 

Die Hotelcard ist nur selten ein Halbtax-Abo


Zum halben Tarif übernachten, das ist eine klare Ansage. Unsere Umfrage zeigt jedoch, dass das Vermittlungsportal Hotelcard dieses Versprechen nur selten ganz einlöst.


Wer richtig viel sparen will, muss richtig viel Geld ausgeben. Hotelgäste, die jetzt für Ende Juli im Bellevue Palace Bern eine Juniorsuite reservieren, bezahlen als Hotelcard-Kunde bloss 392 Franken. Auf der Bellevue-Website oder über Booking.com kostet die edle Übernachtung 784 Franken.


Das Vermittlungsportal Hotelcard bezeichnet sein Angebot als Halbtaxabo für Hotels. Diese Zeitung hat untersucht, wie gross der Preisnachlass tatsächlich ist. Die wichtigsten Ergebnisse: Kartennutzer können zwar tatsächlich sparen, doch halten die Betriebe das 50-Prozent-Versprechen nur selten ein.


Hotelpreise schwanken


Die Hotels tauchen am ehesten, wenn, wie im Berner Stadthotel Bellevue Palace, die Auslastung am Wochenende gering ist: Eine Suite im Nobelhotel zum Preis eines guten Viersternbetriebs, das ist ein Schnäppchen, das man sich zu einem besonderen Anlass mal leisten kann.


Die Ergebnisse unserer Umfrage (siehe unten) decken sich im Wesentlichen mit einer Stichprobe, die der «Kassensturz» vor einem Jahr veröffentlicht hat. Der SRF-Test bei 15 Betrieben ergab, dass rund die Hälfte der Betriebe bloss Rabatte zwischen 23 und 40 Prozent gewährte. Bei all diesen Recherchen ist zu berücksichtigen, dass die Hotelpreise von der Auslastung abhängen und stark schwanken. Die Hotels senken kurzfristig ihre Tarife und vermelden dies nicht auf Hotelcard. Das erklärt zwar zum Teil die Differenzen zum Rabattversprechen, vermindert aber nicht den Frust der Karteninhaber.


Hotelcard bestätigt, dass die Halbpreisregel nicht immer eingehalten werde. Geschäftsführer Fabio Bolognese: «Es kann ausnahmsweise vorkommen, dass die Hotels vergessen, ihre tagesaktuellen Preise auf unser Portal zu übertragen.» Betriebe, die dauernd weniger als 50 Prozent Nachlass gewähren, würden ermahnt. «Wenn sie nicht kooperieren, löschen wir sie von unserer Website.» Von den fast 700 Firmen würden pro Jahr rund 25 Unternehmen entfernt.


Hotelcard finanziert sich über die Kartengebühren. Die Betriebe entrichten keine Provisionen, und sie können selbst entscheiden, wie viele Zimmer sie über das Portal anbieten. Dementsprechend bewerten die Unternehmen das für sie kosten und verpflichtungsfreie Angebot günstig. Zufrieden ist zum Beispiel das Sorell-Hotel Ador in Bern. Der Betrieb gewährte bei unserer Umfrage den vollen Halbpreisrabatt. Claudia Christen von der Sorell-Zentrale in Zürich bestätigt die guten Erfahrungen mit dem Portal. Im Ador würden zurzeit 2,4 Prozent der Buchungen auf diese Weise abgewickelt, Tendenz steigend. Im Berner Bellevue Palace werde die Karte nur sehr selten eingesetzt, erklärt Bellevue-Direktor Urs Bührer.


Von zwei Übeln das kleinere


Aus der Sicht der Betriebe ist Hotelcard von zwei Übeln das kleinere. Die Firmen hoffen, sonst leere Zimmer zu füllen. Die Erträge decken nicht die Kosten, sind aber besser als gar nichts. Diese Funktion habe die Karte in den meisten Betrieben, bestätigt Thomas Allemann. Das Mitglied der Geschäftsleitung des Dachverbands Hotelleriesuisse warnt vor Gefahren: Die versprochene Halbierung verstärke den Trend, dass stets weniger Gäste bereit seien, volle Preise zu bezahlen. Die Argumente von Hotelcard überzeugen Allemann nicht: «Die Umfrage zeigt, dass dieses Rabattabo oft eine Mogelpackung ist.»


180 000 NUTZER


Die Hotelcard kostet jährlich 99 Franken. Die Betreiber bezeichnen ihr Angebot als Halbtaxabo. Dem Portal sind zurzeit fast 700 Betriebe in der Schweiz und im nahen Ausland angeschlossen. Hotelcard existiert seit 2009. Mittlerweile sind rund 180 000 Karten im Umlauf.
Seit April können Kunden des Carsharing-Unternehmens Mobility gratis das Hotelcard-Angebot nutzen. Wer ein Bahn-GA oder ein Halbtaxabo hat, bezahlt für Mobility jährlich 190 Franken und erhält die Hotelcard-Leistungen damit besonders günstig. Hotelcard veröffentlicht weder die Details zu den Vereinbarungen mit Mobility noch die Umsatzzahlen des Unternehmens.


UMFRAGE


Im Durchschnitt 30 Prozent Rabatt


Mehr als die Hälfte der Betriebe boten bei unserer Umfrage keine Halbpreiszimmer. Bei den übrigen übernachten Karteninhaber im Schnitt um ein Drittel günstiger.
Was die Hotelcard wert ist, untersuchten wir bei 79 Betrieben in zehn Destinationen, in Städten wie Bern und Zürich etwa, oder in Tourismusgebieten wie dem Engadin oder Interlaken-Grindelwald. Zwischen Anfrage und Anreise lagen 10 Tage. Gefragt haben wir sowohl nach Übernachtungen unter der Woche wie am Wochenende. Verglichen haben wir die Hotelcard-Preise mit den Tarifen auf den hoteleigenen Websites oder auf Booking.com.


46 von 79 Hotels fielen aus dem Rennen
• Mehr als die Hälfte, nämlich 46 Unternehmen, waren entweder vollständig belegt oder boten über Hotelcard keine Zimmer an und fielen damit aus dem Rennen. Bei 33 Hotels ermöglichte die Karte tiefere Preise. Die Auswertung dieser Angebote:


Volltreffer: Mit der Halbpreiscard erhält der Kunde in 4 Betrieben tatsächlich 50 Prozent Rabatt gegenüber Gästen, die im Hotel direkt oder über Booking.com reservieren. Im Ador Bern, Berninahaus Pontresina, Sheraton Sihlcity Zürich und Bellevue Palace Bern (nur für Juniorsuiten).


Lohnt sich: In 9 Hotels bekommt der Kunde zwischen 35 und 45 Prozent Rabatt gegenüber Direktbuchern oder Booking. com. Unter anderen im Belle Epoque Bern, Arabelle Bern, Alpenroyal Zermatt.


Lohnt sich begrenzt: In 14 Hotels erhält der Karteninhaber zwischen 34 und 11 Prozent Rabatt gegenüber Direktbuchern oder Booking.com. Etwa im Seehotel Bönigen, Hotel Kirchbühl Grindelwald, Bären Bern.


Lohnt sich nicht: Mit der Halbpreiscard erhält der Kunde in 6 Hotels höchstens 10 Prozent Rabatt gegenüber Direktbuchern oder Booking.com. Beispiele: Europe Davos, Polo Inn Ascona, Walserhof Davos.


Im Schnitt sparen Kartenbesitzer rund 30 Prozent. Hotelcard beanstandete die Umfrage mit dem Hinweis, dass zwischen Anfrage und Anreise bloss 10 Tage liegen würden. Es gebe keinen 50-Prozent-Anspruch auf solch kurzfristige Buchungen. Unsere Stichprobe bei 3 Betrieben ergab allerdings, dass auch bei einem 30- tägigen Vorlauf diese Halbpreisregel nicht eingehalten wird.