seniorweb.ch, 20. Dezember 2019

 

Wackliger Doktorhut ab Stange

 

So ein akademischer Titel gibt was her. Schade nur, dass so was mühsam erworben werden muss. Nicht bei Eberhard Bräun in Kreuzlingen. Für die Ehrendoktorwürde genügen bei ihm ein paar Unterlagen. Und Geld.

Jetzt ist Alt-Bundesrat Johann Schneider-Ammann Doktor honoris causa. Die Universität Bern hat anfangs Dezember mit dieser Würde acht Personen geehrt. Es muss ja nicht gleich ein Titel einer Renommier-Uni sein.  Aber ein bisschen akademisches Schulterklopfen wäre doch auch für unsereins angemessen. Ein Ehrendoktor würde dem privaten und beruflichen Image guttun. Bloss: Eine solche Würde erfordert viel Arbeit und Geduld. Falsch, völlig falsch: Geld allein tuts auch.

Eberhard Bräun in Kreuzlingen ebnet den Weg. Zusammen mit seiner Frau Melinda Bräun bietet er Ehrendoktorhüte ab Stange an. „Beratung für das Hochschulwesen“ nennt er seine Dienstleistung. Er selber besitzt gleich zwei solcher Titel. Er ist Prof. Dr. h.c.

Im Sonderangebot

Zurzeit ist die Gelegenheit besonders günstig. 10’000 Franken kostet die Würde. Ein befristetes Sonderangebot. Sonst ist die Ernennung drei Mal teurer, 30’000 Franken. „Nur solange Vorrat“, steht im Mail, das diesen Herbst im Postfach landete. Jetzt, im Dezember, gilt die Offerte immer noch. Entweder ist der Vorrat gross oder die Nachfrage klein. Ein Schnäppchen? Oder ein Witz? Am ehesten ist es ein Angebot, über das man sich wundert, sich ärgert, aber auch lachen kann.

Ein pralles Lebenswerk, Verdienste, Publikationen, Auszeichnungen? Nicht nötig. Kopie des Personalausweises einschicken, kurzer Lebenslauf beifügen, das genügt. Und, nicht vergessen: Geld. Eine Universität werde die Unterlagen prüfen und den frischgebackenen Ehrendoktor zur Verleihung einladen, so Bräun. Falls gewünscht bringe aber auch der Pöstler das begehrte Dokument.

Aus Kirgisien

Dieser Hinweis ist wichtig. Die Hochschule liegt nicht gleich um die Ecke. Titelfabriken sind Universitäten in Armenien und Kirgisien, genaueres ist nicht vermerkt. Das Geld fliesse in ein heimisches Kinderhilfswerk, betont Eberhard Bräun. Auf Anfragen reagiert er nicht. Schade. So bleibt ungeklärt, was genau diese Unis überprüfen, wie viele Titel sie bisher schon verliehen haben und wie viel Geld die Hilfsorganisation erhält.

Ein kleines bisschen lüftete die „Schweiz am Sonntag“ das Geheimnis. Sie berichtete vor einem Jahr, dass ein ehemaliger Basler Grossrat und Lokalpromi einen solchen von einer kirgisischen Universität verliehenen Titel ins Handelsregister eintragen liess. Zuerst figurierte er dort als „Dr.“ ohne Zusatz. Als man ihn auf die etwas wacklige Würde hinwies, korrigierte er und glänzt nun als „Dr. h.c“.

Mit legalen Tricks

Der Ex-Politiker bewegt sich damit nahe an einer juristischen Fallgrube. Die Schweizer Gesetze erlauben es, Ehrendoktortitel zu vermitteln, zu verkaufen und zu tragen. Auf amtlichen Dokumenten ist allerdings der Zusatz „h.c.“ aufzuführen. Und: Bei Bewerbungen, Lebensläufen und ähnlichem ist die Herkunft des Titel anzugeben. Wer mit einem „Dr. h.c.“ mit einem Verweis auf eine mysteriösen Universität auf Jobsuche geht, handelt zwar legal, heimst damit aber eher Lächerlichkeit als einen Vorsprung ein.

In Deutschland sind die Bestimmungen strenger. Dort darf man solche Titel weder anbieten noch tragen. Eberhard Bräun hat früher in unserem Nachbarland gelebt. Dass er nun in der Schweiz geschäftet hat leicht durchschaubare Gründe.

Ohne grossen Schaden

Die etablierten Hochschulen müssen darauf achten, dass ihre Titel nicht verwässert werden. Der Leiter des Rechtsdienstes der Universität Bern, Christoph Pappa, glaubt, dass solche Verleihungen zwar bloss Geschäftemacherei sind, aber keinen grossen Schaden anrichten. „Weil Fachleute den Hintergrund durchschauen, konkurrenzieren sie die durch seriöse Verdienste erworbenen Titel kaum.“

Gleicher Ansicht ist ein wirklicher, wahrhaftiger Ehrendoktor. Der promovierte Historiker Marco Jorio erhielt diese Ernennung 2015 von der Uni Bern für seine Arbeit als Chefredaktor des Historischen Lexikons der Schweiz. Zwar bewertet auch er Bräuns Wirken als „Schindluderei“. In akademischen Kreisen würde man sich mit solchen Schmucktiteln lächerlich machen. Er könne sich aber vorstellen, dass man damit in eher obskuren Geschäftsbereichen Seriosität vortäuschen könne.