Berner Zeitung, 28. Februar 2020
Wortkabarett pur, ohne Deko
La Cappella Der Kabarettist Christoph Simon steht in «Der Suboptimist» praktisch unbewegt auf der Bühne.
Hier spricht die Deutschschweiz, hier redet Bern. Nämlich knochentrocken. Ohne Firlefanz wie Bühnenbild, ohne Schnickschnack wie Lichtgestaltung, ohne Klimbim wie Regie. Christoph Simon steht vom
Begrüssungsbeifall bis zum Schlussapplaus am gleichen Ort im gleichen schwarzen Anzug mit weissem Hemd. Hä ja, alles andere wäre doch bloss Deko. Hauptsache es ist zweckmässig.
«Der Suboptimist» ist sein viertes Solostück. Er zeigte das anderthalbstündige Werk in der ausverkauften Cappella als Premiere. Der 48-jährige Langnauer macht Mundartkabarett pur. Das macht er
gut, nicht bloss bernisch robust, sondern wirklich gekonnt mit soliden Pointen. Sie reizen mal zum besinnlichen Schmunzeln, mal zum währschaften Lachen, nie zum Gröhlen. Der nette Herr mittleren
Alters ist kein Schenkelklopfer.
Zuweilen plätscherts
Sein Konzept, Komik ohne Brechstange, hat ihm viele Erfolge eingebracht, unter anderem den Salzburger Stier und einen Schweizer-Meister-Titel als Poetry-Slammer. Qualitätskabarett also. Liegts an
unserer medialen Überfütterung, dass man sich dennoch gerne etwas mehr Abwechslung gewünscht hätte? Der Pointenfluss strömt schön gleichmässig, aber es plätschert zwischendurch halt auch ein
bisschen langweilig.
Das Vehikel für Simons Bühnenreise ist ein VW-Bus, Version Hippie, erkennbar durch die Vorhänge an den Fenstern. Drinnen sitzt er, Simon. Sein alter Freund Fäbu chauffiert. Später kommt eine
Hausärztin dazu. Das Gefährt transportiert die Insassen durch ein vielfältig gegliedertes Kabarettland. Wir erfahren, wie die Alpen und damit später die Schweiz entstanden sind: durch die
heimische Bergfaltenproduktion vor entsprechend vielen Jahren.
Pointen statt Gags
Über die Hügel und durch die Täler fahren zweistöckige Tiertransporter, bei den SBB als Doppelstockzüge bekannt. Der Mehrwert für uns Passagiere: Auch wenn die Reise länger dauert als geplant,
bezahlen wir das Gleiche. Christoph Simon sinniert über die vielen Entscheide, die der moderne Mensch zu treffen hat. Er/sie muss das Geschlecht wählen. Männer, die Frauen werden, sind nun reich
an neuen inneren Organen.
Kabarettisten schaffen gern eine Verbindung zwischen den Situationen. Beim «Suboptimisten» ist dies der VW-Bus. Einen richtig dicken roten Faden durch das Programm zieht das Auto nicht. In
Erinnerung bleiben die Geschichten und Pointen. Eigentliche Gags sind es nicht. Simons Komik ist subtiler. Hinzu kommt, dass er mit beinahe unbewegtem Gesicht auf der Bühne steht. Pokerfaces sind
ein altbekanntes komisches Stilmittel. Christoph Simon distanziert sich damit von seiner eigenen Komik. Zuweilen fragt man sich, ob es ihm wohl lieber wäre, wenn das Publikum weniger oder gar
nicht lachen würde.