Von AG bis ZH das Gleiche. Die Einfamilienhäuser in Nirgendwohausen. Klötzli neben Klötzli, dazwischen Steingärten die auf hochalpine Moräne machen. Daneben Rasen, auf dem einzig das Betreten-Verboten-Schild für Abwechslung sorgt. Und wieder Klötzli. Die Investoren bewerben die Neubauten als innovatives Projekt, als lebenswertes Quartier. Ebenso eintönig wie die Werbesprüche sind die Resultate. Die Besucher erkennen einzig an den Autoschildern wo sie sind: im Thurgau oder im Bernbiet.
Unausweichlich wie Lärm. Ich versteh nichts von Architektur. Trotzdem gebe ich meinen Senf dazu. Weil Architektur unausweichlich ist. Ein Bild muss ich nicht anschauen, ein Konzert nicht besuchen. Den Bauten hingegen bin ich ausgeliefert. Sie sind wie Lärm. Den höre ich, ob ich will oder nicht.
Charme der frühen Jahre. Die Quader-Architektur mit störendem Lärm gleichzusetzen ist gewagt. Aber berechtigt. Die vor mehr als 70 oder 80 Jahren gebauten Wohnhäuser hatten meist Charme. Die heutigen Werke erfreuen nur jene, die drin wohnen – manchmal auch die nicht.
Die Rendite, die Bodenpreise, der Trend. Ich habe mich schlau gemacht, weshalb so viele Klon-Siedlungen entstanden sind. Erstens: Quader rentieren. Sie bieten ein paar Kubikmeter mehr Wohnraum. Zweitens: Früher hatte jeder Strassenzug ein individuelles Gesicht. Heute sind die Überbauungsflächen grösser geworden. Dadurch kann ein Unternehmen viele gleichförmige Häuser errichten. Drittens: Die Bodenpreise steigen dramatisch. Deshalb müssen die Investoren anderswo sparen. Viertens: Die Architektinnen und Architekten machen das Gleiche, wie ihre Kollegen im Büro auf der anderen Strassenseite. Der Mainstream beeinflusst nicht nur die Länge der Röcke, sondern auch wie Fassaden verkleidet werden.
Auf ausgetrampelten Pfaden ins Bürogebäude. Jetzt haben wir die Wohngebäude genug durch den Baustellendreck gezogen. Nun wenden wir uns den Bürobauten zu. Hier, sollte man meinen, hat die Architektengilde mehr Geld zur Verfügung und innovationsfreudigere Investoren im Hintergrund. Doch nichts da. Die Bauherren und -damen marschieren alle auf dem gleichen ausgetrampelten Pfad zu den Bürobauten.
Heissa, hussa, Schiessscharten. Irgendwann vor ein paar Jahren ging ein Kampfruf durch die Szene: Schiessscharten. Sei es Eggenwil-City, sei es in der Brunbächli-Working-Area oder im Mupfig-Business-Center: hohe schmale Fenster.
Architektur aus dem Katalog.
Die aktuelle Architekturmode. Bei den Wohnbauten wie bei den Bürokomplexen fliesst der gerade geltende Mainstream in die Gestaltung ein. Man sagt dem Mode. In den Grundzügen hält sich die jeweilige Tendenz schon ein paar Jahre. Die Details jedoch ändern sich kurzfristig – wie in der Kleiderbranche. Dieses Jahr kleiden sich stylishe Damen in Flieder und Lila; letztes Jahr war es mittleres Grau. Welche Farben sind in der aktuellen Architektursaison angesagt? Fachleute wissen Bescheid. Der deutsche Politiker und Immobilienexperte Axel Gedaschko: „Ziemlich zielsicher kann man an jedem modernen Gebäude das Baujahr erkennen.“
Auch in Deutschland sehen Häuser gleich aus
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