Getränkedosen, Klebe-Etiketten, Passwörter: Das ist Alltagsärger: Ich ahne einige verstimmte Seniorweb-Leserinnen und -Leser. Welch kleine Sorgen hat der Kolumnist, klitzeklein sind sie. Nun ja, es sind tatsächlich winzige Kümmernisse angesichts der grossen Nöte. Aber: Im Alltag leiden wir nicht am holprigen Weltenlauf, sondern uns plagen die kleinen Krümelsorgen. Auch bemerkenswert: Wir diminuitiv-verliebten Deutschschweizer kennen zwar Sörgeli, haben aber keine niedlichen Wörtli für Ärger.
Auf also zu den 0815-Tücken: Warum muss man wie ein Häftlimacher aufpassen, wenn man einen Newsletter abbestellen will? Zwar hat jedes dieser Quälmails einen Link, mit dem man diese Postfach-Verstopfer eliminieren kann. Aber der ist zuunterst zuhinterst und so klein wie möglich. Noch nerviger: Oft muss ich mich einloggen und das Passwort suchen. Newsletter sind wie Mücken im Schlafzimmer, ungebetene Gäste, die man kaum mehr wegbringt. Klar, natürlich, selbstverständlich: Für den Seniorweb-Newsletter gilt das nicht.
Weitere Nervensägen: Um eine Klebe-Etikette gängiger Machart zu entfernen braucht man Terpentin, Benzin, Spiritus, Chemie, Schaber, Messer. Oder Engelsgeduld. Klebe-Etiketten sind Haftstrafen. Weiter: Die Orthografiekorrekturen der Schreibprogramme kann man lustig (luftig) finden oder darüber am Verstand zweifeln (zwiebeln). Aus Porzellan wird Porno, aus Barack Obama wird Barock Obama. Unwort Passwort: «Es gibt jetzt eine Senioren-Bankkarte“, frotzelt Peach Weber, „einstelliger PIN, 30 Versuche“. Wir sind mit dem Komiker einig: Wer beendet wie, wann den Passwort-Terror?
Letzte Woche war ich war einkaufen, eine Sommerhose, gelb. Im Loeb, im Manor oder sonstwo. Doch statt Shopping erlebte ich einen Orientierungslauf. Die gelben Hosen sind nicht wie man annehmen könnte, alle aneinandergereiht und nach Grösse geordnet. Sondern nach Kleidermarken. Vorne rechts sind alle Hosen von Calvin Klein, links hinten jene von Hugo Boss und um die Ecke die von Versace. Liebe Rayonleiterinnen, geschätzte Abteilungschefs, werte Marketingmanagerinnen: Ich will nicht im Laden herumirren. Ich will gelbe Hosen, schön zusammengefasst, alle am gleichen Ort, fertig.
Weil wir so gemütlich über die Kleiderbranche lästern, gleich noch zwei weitere Widerwärtigkeiten: die unterschiedlichen Kleidergrössen. Die bereits bekannte gelbe Männerhose kann in meiner Grösse wahlweise mit 35/32 angeschrieben sein, die Anschrift 54 oder 27 haben oder mit L oder XL etikettiert sein.
Einen dicken Hals kriege ich bei den Hemdengrössen. Hier will mir ein Teil der Branche weismachen, dass die Kragenweite entscheidend sei. Nun ist meine seit dem Konfirmandenanzug vermutlich gleich geblieben. Nicht aber das, was darunter stattfindet. Ich sag mal Schwimmgürtel und birnenförmig. Alles, nur nicht die Kragenweite entscheidet wirklich, welche Hemdengrösse ich brauche.
Zurück aus dem Labyrinth der Konfektionsformate setzen wir uns an den Computer. Zurücklehnen können wir aber noch lange nicht: Denn: Warum muss ich bei jeder Website, die Cookies verwendet per Klick eingeben, dass ich diese Guetzli akzeptiere. Warum lässt mich meine Smartphone- SBB-App im Stich, wenn ich eine Busverbindung suche? Andere Apps schaffen das spielend. Warum muss ich bei Internet-Formularen die Schweiz unter gefühlt 300 Ländern herausssuchen, irgendwo zwischen den Fidschi-Inseln und Neuguinea?
Immerhin kann ich am Compi meine gelben Hosen per Klick bestellen. Doch: Wieso kippen die Versandhäuser trotzdem so viel gedruckten Unfug in meinen Briefkasten? Vorgestern: Witt-Weiden, Lehner, Bonprix, Ulla Popken, zusammen anderthalb Kilogramm. Ich habe bei diesen Händlern zwar irgendwann irgendwas geordert. Aber nun kommen die Kataloge so ungewollt wie der Ferienstau am Gotthard. Die bunten Prospekte abzubestellen erinnert an den geplagten Sisyphus. Wer glaubt, per Mail die unerwünschten Dinger gestoppt zu haben, hat sie zwei Wochen später wieder im Briefkasten.
Ich will den Ārger herunterspülen und was trinken. Autsch. Um eine Getränkedose zu öffnen, eignen sich Hammer, Zangen, Scheren, Bohrer, Sägen. Die Finger und die Fingernägel eignen sich nicht dazu. Wir bleiben beim Handwerk. Früher brauchte man einen Schraubenzieher, um beim Auto den Scheinwerfer auszuwechseln. Heute muss man diverse Verkleidungen herausbrechen. „Fahren Sie in die Werkstatt,“ empfiehlt mein Handbuch.
Geteilter Ārger ist halber Ārger. Wenn Sie, geschätzte Seniorweb-Leserin oder –Leser, ihren Frust halbieren möchten: Bitte, unsere Kommentar-Spalte hat eine robuste Verdauung.
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