seniorweb.ch, 2. August 2023

 

Damals - das war unsere Schweiz

 

 

500 000 Aufnahmen der einstigen Schweiz und Fotografien, die von Schweizerinnen und Schweizern im Ausland hergestellt wurden. Das ist der Bilderschatz, den die Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde (SGV) hütet und pflegt. Seniorweb beginnt mit diesem Beitrag eine Reihe mit thematischen Serien.

 

Wir digitalen Zeitgenossen produzieren Tag für Tag Milliarden von Bildern. Die allermeisten landen im elektronischen Nirwana. Frühere Fotografien sind zwar auch vom Vergessen bedroht. Doch gibt es wissenschaftliche Institutionen, die diese Dokumente sammeln und archivieren. In unserem Land ist dies unter anderem die Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde (SGV). Sie unterhält ein Foto-, Film-, Volkslied- und Schriftenarchiv.

Besonders bemerkenswert ist das Fotoarchiv der SGV. Rund 500 000 Aufnahmen verwaltet, pflegt und digitalisiert die Gesellschaft. Zurzeit sind etwa 106 000 Fotografien online zugänglich. Schwerpunkt ist der Alltag der Menschen. Die SGV gliedert die Bestände unter anderem unter die Begriffe «Altes und sterbendes Handwerk» oder «Hausforschung und Brauchtum». Ein weiterer Fokus im Fotoarchiv sind Familiensammlungen mit unzähligen Porträtaufnahmen und Fotoalben.

 

Das SGV-Fotoarchiv umfasst verschiedene Fototechniken und Materialien wie Glasplatten, Abzüge, Diapositive, Negative und Stereo-Aufnahmen. Um die Originale zu schonen und das Material trotzdem einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hat die SGV im Jahr 2014 mit der Konservierung, Restaurierung und Digitalisierung der Sammlungen begonnen.

 

Für ein breiteres Publikum besonders wertvoll ist die grösste Sammlung der SGV. Sie dokumentiert mit rund 48 000 Aufnahmen die Arbeit des Fotografen und Bauernhausforschers Ernst Brunner (1901 bis 1979). Unser Titelbild stammt von ihm. Es zeigt einen Schafhirten auf einer Alp im Obergoms. Einen spannenden Einblick in die Arbeitswelt unserer Vorfahren ermöglichen ausserdem die Fotografien aus den Dreissigerjahren der Stadtzürcher Berufsberatung.

 

Unsere Bilddokumentationen über die Schweiz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beginnen mit Aufnahmen, mit denen die Zürcher Berufsberatung über die Büroarbeit informierte. Seniorweb und die Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde setzen die Reihe mit weiteren thematischen Serien fort. Die nächste Serie folgt am 5. September und zeigt historische Fotos der Landwirtschaft der Dreissigerjahre.

 


Der Prokurist wachte über Fleiss und Ordnung

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Büroarbeit war einer der ersten sozial akzeptierten Berufe für Frauen. Der Aufstieg war allerdings den Herren vorbehalten.

 

Die hier gezeigten Aufnahmen über die kaufmännischen Berufe entstanden in den 1930er-Jahren. Büroarbeit war damals eine der wenigen qualifizierten Tätigkeiten, die Frauen offenstanden.

 

Die höheren Chargen waren allerdings meist den Männern vorbehalten. In den Büros standen dunkle Holzmöbel. Durch den Raum waberte Zigarettenrauch. Auf den Tisch standen schwere mechanische Schreibmaschinen und die Wiege zum Tintentrocknen.

 

Im Schrank standen die vorerst noch dünnen Telefonbücher. Wer die Nummer gefunden hatte, bediente den einheitlich schwarzen Telefonapparat mit Wählscheibe. Die Adressen sortierten die Angestellten in einem Zettelkasten. Waren Papiere zwischen den Büros zu transportieren, anvertraute man sie in grossen Betrieben den  Büchsen für die Rohrpost. Das «Bürofräulein» kam zuerst mit dem Kaffee und dann mit dem Stenoblock zum Chef, erinnerte ihn an den nächsten Termin und schaute, dass die Krawatte richtig sass.

 

Bis die Angestellten ab den Fünfzigern elektrische Schreibmaschinen bekamen, waren grosse Büros geräuschvolle Arbeitsplätze: 20 Tische, an denen 20 Schreibkräfte mit 200 Fingern lärmige mechanische Apparate bedienten.

 


 

Vorbereitung für künftige KV-Stifte. Mit Glasdias und Hellraumprojektoren orientierte die Berufsberatung der Stadt Zürich die Schulabgänger über die kaufmännischen Berufe. Neben den hier gezeigten Aufnahmen informierte die Sammlung über die damals üblichen handwerklichen und hauswirtschaftlichen Berufe. Die Sammlung umfasst rund 1200 Bilder.

 

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Seniorweb und die Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde zeigen die Schweiz von gestern. Die in diesem Beitrag gezeigten Fotos stammen aus den rund 500 000 historische Bilder umfassenden Sammlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde (SGV). Seniorweb präsentiert in monatlichen Abständen thematische Serien mit Aufnahmen aus diesem Archiv.

 

Wer weiss mehr über diese Bilder? Auf den Rahmen der hier gezeigten Aufnahmen sehen wir die urspünglichen Vermerke. Die Mitarbeitenden der SGV-Archive übernehmen diese und ergänzen sie mit weiteren verfügbaren Informationen. In vielen Fällen genügen diese Angaben nicht, um die Bilder zweifelsfrei zu identifizieren. Für die SGV ist es deshalb hilfreich, wenn sie von der Seniorweb-Leserschaft weitere Hinweise erhält.


Als Beispiel: In welchen Firmen wurden die hier gezeigten Bilder aufgenommen? Meldungen bitte an archiv@sgv-sstp.ch

Unabhängig von den Meldungen an die SGV freut sich Seniorweb über Bemerkungen zum Thema und und zur Serie in unserer Kommentarspalte.

 

Bildnachweise
– Sammlung «Berufsberatung der Stadt Zürich», SGV_02. © Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde (SGV)
– Sammlung «Ernst Brunner», SGV_12N. © Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde (SGV)