seniorweb.ch, 16. April 2024
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He, wie kommt Ikea dazu, mich, 78, zu duzen?
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Habe ich mit Steve Jobs Äpfel aufgelesen? Habe ich mit Ingvar Ikea Kamprad ein Billy-Gestell zusammengebaut? Nein, habe ich nicht. Trotzdem klopfen mir die Mitarbeitenden dieser und vieler
anderer Firmen verbal auf die Schultern und sagen Du zu mir. Ich weiss, das soll Nähe und Vertrauen schaffen. Duzfreunde zieht man nicht über den Tisch. Und ich weiss, dass sich die Du-Sie-Grenze
verschoben hat. In vielen Firmen und Institutionen, in manchen Ländern ist duzen längst Alltag. In Schweden gibt es Leute, die sagen auch seiner Majestät Carl XVI. Gustaf “Hej kung, hur mår du?“
Abgeschweift. Hierzulande sollten sich Firmen und Institutionen, die sich an alle wenden, an die obere Grenze des Höflichkeitsspektrum halten. Ich bin weder mit Salt, noch mit der Migros oder mit Aldi befreundet. Also liebe Werberinnen und Werber verzichtet auf das Rhetorten-Du und begrüsst mich so, wies der Anstand es will: „Guten Tag, Herr Steiger“.
Nein, das will ich nicht. Ikea, Aldi und Salt sollen mich so anreden, wie es sich gehört. Ich bin der 78-jährige Herr Steiger. Bild zvg
Allerdings ist es nicht so, dass mich das Anduzen immer ärgern würde. Denn neulich im Szenelokal. «Willst du ein kleines oder grosses Bier?», fragt mich die Kellnerin. Und zu meinem Gegenüber: «Was soll ich Ihnen bringen?» Da kommt doch Freude auf. Liegts an meinen roten Hosen oder an der kecken Mütze? Anyway, sage ich mir voll easy. Hauptsache, ich gehöre dazu. Die Erkenntnis folgt später. Die Kellnerin hat mich nicht geduzt, weil sie mich als jung taxierte. Sondern weil sie mich nur von hinten sah.
Ja, das will ich. In der Szenenbeiz darf mich die Bedienung ruhig duzen. Ich bin der Peter. Bild AI, Fotor (Bild zeigt nicht den Verfasser).
Solche Missverständnisse sind ja nicht selten. Neulich beim Velomech. Ich hatte mein Problem vorher telefonisch angekündigt: «Weiss du, die Scheibenbremsen quietschen.» Ich kannte den Mann nicht, aber unter Bikern ist man per du. «Ja, klar, brings morgen vorbei», bestätigte er. Anderntags dann: «Ah, Sie sind der Mann, der gestern angerufen hat.»
Geschätzte Marketingleute, ich habe mit euch weder Schweine gehütet noch Kaffee getrunken. Also duzt mich nicht.