In der DDR war FKK beliebt. Dann kamen die Besserwessis. Sie verschüchterten die neuen Brüder und Schwestern. Nun ist nach dem Kleiderstreit wieder Frieden. Viele Ostdeutsche lassen auch heute noch die Hüllen fallen.
Wir waren in Warnemünde bei Rostock. Von unserer Ferienwohnung aus sahen wir den Ostseestrand. Jeden Tag pünktlich morgens um halb zehn kam ein Mann. Er zog sich aus und badete im kühlen Wasser. Nackt.
Der Nackedei war ein später Zeuge für die in der DDR hochgehaltene Freikörper-Kultur. Die hüllenlose Freizeit ist seit der Wende nicht mehr so verbreitet wie vorher. Sie gehört aber an der Ostsee immer noch zum Urlaubsalltag von Ahrenshoop bis Zinnowitz
Erstaunte Westdeutsche
In den Jahren unmittelbar nach 1989 mussten die hüllenlosen Ossies mit erstaunten Wessies rechnen. Nach der Wende erkundeten diese in grosser Zahl die Ostsee-Strände. Textile Freiheit kannten diese zwar auch in den alten Bundesländern. Aber dort sonnten sich die Hüllenlosen ausschliesslich in abgetrennten, oft umzäunten Arealen
Wer hätte das gedacht? Dolce Vita in der DDR. Das Auto könnte ein BMW Dixie sein, hergestellt bis 1932 im ostdeutschen Eisenach. Das könnte erklären, dass das Cabrio in der DDR verkehrte.
Im Osten schockierte das friedliche Durcheinander von Bekleideten und Hüllenlosen manche Wessies. Die Zeitungen berichteten gar über einen „Höschenkrieg“. Unterdessen haben sich die Ostdeutschen vielerorts den Besserwessis angepasst. FKK ist zwar weiterhin verbreitet, bleibt aber oft auf die gekennzeichneten Strände beschränkt.
Nackt zu baden, nackt zu sein, war Alltag in der DDR. Das war nicht immer so. Bis in die Mitte der Fünfziger waren dem Regime die Kleiderlosen ein Dorn im Auge. Die SED ernannte den Schriftsteller Johannes R. Becher zum Kulturminister. Becher forderte 1954 unhöflich und arrogant „schont die Augen der Nation.“ Im gleichen Jahr verbot die DDR das Nacktbaden offiziell.
¨
Nacktbaden war DDR, Deutsche Demokratische Rebellion
Dem neuen Kleiderzwang folgte ein Sturm der Entrüstung. Intellektuelle, Künstler und gar Politiker forderten mit Eingaben und Protestschreiben den Rückzug des Verbots. 1956 gab das Regime nach und erlaubte das hüllenlose Baden wieder.
Nachdem die Behörden den Weg freigemacht hatten, breitete sich FKK in der ganzen DDR schnell aus. Die Interpretationen über diesen Aufschwung gehen auseinander. Ob die Bürgerinnen und Bürger sich damit ein privates Stück Freiheit verschafften, oder ob es schlicht zuwenig modische Badekleider gab, bleibt damit offen. Die hier gezeigten Bilder beanworten diese Frage nicht. Sie lasssen aber zu, dass man die DDR am Strand auch als Deutsche Demokratische Rebellion erklären konnte.
So hats in den Fünfzigern angefangen. Links der Zeltplatz noch ohne Wohnwagen, davor ein unbekannter Ostseestrand, rechts das Pferdefuhrwerk.
Mit dem Trabi an den Strand, mit freundschaftlicher Hilfe durch den Sand. Die Camper waren so begehrt, dass man jahrzehntelang darauf warten musste.
Viel Stoff, aber nur als Wind- und Sonnenschutz. Das Bild aus den Achzigern zeigt einen Strand in der Wismarer Bucht.
Spiel und Sport an einem der Seen bei Cottbus. Die Gegend im Landesinneren galt als Lausitzer Ostsee.
Beachvolleyball bei Prerow auf der Halbinsel Darss, undatierte Aufnahme, vermutlich Siebzigerjahre.
Die hier gezeigten Aufnahmen stammen aus dem deutschen Bundesarchiv in Koblenz und von Wikimedia Commons. Beide Stellen haben ergiebige