Jetzt bitte zurücklehnen, Augen schliessen und an die Kindheit zurückdenken. Gut, aber jetzt noch weiter zurück zu den ganz frühen Jahren. Was taucht auf, wenn wir ans Essen denken? Unangenehmes. Igitt, Röselichöhl, bitter. Chicorée, noch bitterer, Käse, Gruyère, igit. Dann, ein paar Jahre später: Röselichöhl, mhm, Chicorée, gar nicht so schlimm. Und Gruyère, eigentlich ganz fein. Als Kleinkind findet man manches pfui, später gewöhnt man sich dran.
Am Zürcher Schulsilvester, am letzten Schultag des Jahres, wollte man als Zwölfjähriger nicht mehr wie bisher frühmorgens mit Pfannendeckeln Lärm machen. Kinderkram. Sondern man gab den routinierten Jungraucher. Allerdings nicht lange. «Bist du krank», fragte die Mutter als man trümelig und bleich nach Hause kam. Jahre später reifte der Nikotin-Neuling zum Nikotin-Routinier. Der Glimmstengel verschaffte nun Ablenkung, half gegen Schüchternheit, ja und war auch mal Genuss. Wiederum später halfen naserümpfende Freundinnen mit Bemerkungen über Nikotin als Kussbremse beim Ausstieg. Als Kind findet man Tabak pfui, später gewöhnt man sich dran. Und steigt später mühsam wieder aus.
Und jetzt die Sache mit dem Alkohol. Da durfte man am Familienfest als Kind mal am Rotweinglas nippen. «Wäk, sowas trinken die Erwachsenen.» Aber man wurde älter – und blöder. Beim Sportfest im Areal Sihlhölzli geschah es. Man kaufte als Jugendlicher eine Flasche Bier, sieben Dezi. Hä ja, die Sportsfreunde taten es gleich. Hatten aber offenbar mehr Routine. Jedenfalls kotzte man ins Gebüsch. Später bot Wein, Bier, Schnaps Genuss, war Partyfreund und Stimmungsaufheller. Erst findet man Alkohol pfui. später gewöhnt man sich dran.
So, jetzt kommen wir zum Sex. Wie war das damals beim ersten Mal? Aufgeregtes Gefummel, wo, wie, wann? Und dann wars schon vorbei. Mit oder ohne, na, wir wissen schon. Das also solls gewesen sein? Ach je. Aber dann, vielleicht beim zweiten Mal, vielleicht später, entwickelten sich die Bemühungen, vorsichtig gesagt, ganz zufriedenstellend. Wenigstens meistens. Erst ist der Sex naja, dann top, später sosolala, man gewöhnt sich halt dran.
Wir sind beim Sex angelangt. Also beim Ursprung des Lebens. Drum können wir uns auch gleich mit dessen Ende beschäftigen, dem Sterben. Der Gedanke an den Tod hat mich schon immer bewegt, früher allerdings nicht sehr oft. Wenn ich daran dachte, habe ich mit Abwehr reagiert oder gar mit Panik. Jetzt, wo das Ende immer näher rückt, ist die Angst zwar immer noch da, aber sie ist kleiner. Der Gedanke an den Tod ist Alltag geworden. Erst ist der Tod Panik, jetzt habe ich mich dran gewöhnt.