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Alles wird grösser, alles wird fetter: die Kreuzfahrtschiffe, die SUVs, die Bezüge von UBS-Chef Sergio Mehwotti. Und die Um- und Neubauten der Museen.

In Basel kosten das neue Naturhistorische Museum und das damit verbundene Staatsarchiv zusammen 215 Millionen Franken. In Basel-Riehen sind für den Neubau des Beyeler-Museums 120 Millionen vorgesehen. Immerhin ist das eine private Institution und sind die Betriebskosten während zehn Jahren eingerechnet. In Bern will man für den Erweiterungsbau des Kunstmuseums 99 Millionen ausgeben. Gleichzeitig wird auch die Anliegerstrasse neu als Begegnungszone gestaltet. Für das Gesamtprojekt sind 147 Millionen nötig.

 

Das fast 150-jährige Kunstmuseum Bern wirkt wie aus der Zeit gefallen. Jetzt wird für 99 Millionen Franken eine Erweiterung geplant.

 

Auch in der Ferne rollt das Geld. In Oslo will man für 295 Millionen ein neues Edvard-Munch-Museum errichten. Erstaunlich, nein ärgerlich ist, dass Kulturbauten oft viel teurer werden als geplant. in Berlin soll bis 2026 das „Museums des 20. Jahrhunderts“ entstehen, Das Museum sollte ursprünglich 190 Millionen Franken kosten. Jetzt wurde bekannt, dass es wohl 430 Millionen werden. Ein Beispiel aus der Musikwelt: Seit 2015 steht die neue Philharmonie im Osten von Paris. Ein 23′000 Quadratmeter großer, mehrstöckiger Komplex mit glitzernder Alufassade. Leider ist das Ganze etwas teurer geworden als geplant – statt 173 Millionen Franken wurden 360 Millionen Franken verbaut. Die Sanierung des Deutschen Museums in München sollte 430 Millionen kosten, mittlerweile sind es 550 Millionen – und wahrscheinlich wird die Summe auf fast eine Milliarde steigen.
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Gerne mit «repräsentativer Grösse»
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Zurück in die Schweiz: In den Neubau des 2021 fertiggestellten Zürcher Kunsthauses hat man 206 Millionen Franken gesteckt. Dafür kriegen die Zürcherinnen und Zürcher auch was: Nämlich, gemäss dem Beschrieb des Gebäudes: „Die Anmutung des Baus verbindet strenge Form, festlich-opulente Materialität und repräsentative Grösse“. Wer festlich-opulente Materialität schätzt, darf nicht knausern. Das gilt auch für den Erweiterungsbau des Landesmuseums in Zürich. Es sei ein Jahrhundertprojekt, prognostizierte der Vertreter des Bundesamts für Bauten und Logistik. 111 Millionen Franken gibt die Eidgenossenschaft aus um die Schweizer Geschichte und Gegenwart darzustellen.

Es gibt Gründe, warum neue Bauten teuer sind. Das Raumklima etwa. Es muss dauernd gleich sein. Obs draussen schneit, regnet oder Dürre herrscht, die Werte müssen konstant bleiben. Ob drei Besucher oder dreihundert die Ausstellungen sehen wollen, soll keinen Einfluss haben. Die Lichteinstrahlung und -intensität darf nicht schwanken. Die Sicherheit des Personals, der Besuchenden und der Werke kostet.

 

Die neuen Denkmäler

 

Wenn neue Museumsbauten architektonisch Aufsehen erregen, zieht das Touristen an. Darüber freuen sich die Expertinnen des Stadtmarketings. Es reisen keine Freiluftpinkler an, sondern Gutbetuchte, die Geld liegen lassen.

Klar, Kunst guckt man lieber in einem schönen Haus als in einem Industriegebäude. Aber muss es gleich und immer „festlich-opulente Materialität“ sein? Wenn man sinnend die himmelhohen Baukosten betrachtet, kommen einem erdenschwere Gedanken in die Quere. Spielen die neuen Einnahmen und der erhoffte Mehrwert durch den Tourismus wirklich die vielen Millionen wieder herein?

 

Der Berner Adrian von Bubenberg mit Schwert und der Zürcher Hans Waldmann mit Ross, beide in allwettertauglicher Bronze, sollten früher das Image der jeweiligen Regierungen aufpolieren. Ein monumentaler Kunstpalast erfüllt heute die gleichen Aufgaben. Sind demnach die Kulturstätten die neuen Denkmäler? Sie beweisen den Kunstsinn der hiesigen Regierung und deren Weltoffenheit. Fussballstadien fürs Volk, Kunsthäuser für die Bildungsbürger. Wenn auf der Affiche berühmte Architektennamen stehen umso besser. Herzog & de Meuron, Frank Gehri, Mario Botta, da spielt die Musik. Wenn grosse Namen den grossen Auftritt versprechen, darf man auch nicht pingelig sein wenns mehr als vorgesehen kostet. Das Parlament wird den Nachtragskredit für die „festlich-opulente Materialität“ murrend bewilligen.

 

Die grossen Museen hatten in den letzten Jahrzehnten alle das gleiche Ziel: Sie wollten mehr. Mehr Besucher, mehr grosse Ausstellungen, mehr Platz. Unsere gesellschaftliche Verantwortung hingegen verlangt das Gegenteil, nämlich Umkehr. Gefordert sind Verzicht und Schonung der Ressourcen. Zwischen deklariertem Oeko-Wunsch und unserer Wirklichkeit klafft allerdings ein tiefer Graben. Umweltbewusstsein ist gut, doch wenns real wird, sollen zuerst die anderen verzichten. Die Museen sind gesellschaftliche Marker. Da dürfte man eigentlich mehr Verantwortung voraussetzen. Doch was geschieht? Die Museen werden immer grösser, teurer und dominierender. Die Pointe: Im Innern der millionenteuren Prunkbauten sind Werke zu sehen, die anprangern, dass unsere Gesellschaft Ressourcen verschleudert. Zu dieser prassenden Gesellschaft gehören die Museums-Paläste.

 

Sehr schön, sehr teuer: millionenschwere Museumsbauten in ganz Europa

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